In Österreich können Waldbesitzer für Unfälle durch umstürzende Bäume oder herabfallende Äste im Bereich von Wanderwegen und Forststraßen haftbar gemacht werden. Das Ergebnis: Überall werden entlang von Wegen die ein wenig älteren Bäume vorsichtshalber gefällt.
Das gilt auch für die Nationalparke, die entgegen der eigenen Zielsetzungen wertvolle Bäume entfernen müssen. Denn ein Besucher, der von einem morschen Ast getroffen wird, könnte den Nationalpark gewissermaßen in Grund und Boden klagen.
Das war eines der wichtigsten Themen im traditionellen „Nationalparkforum“, das am 21. November in der Kulturfabrik Hainburg stattgefunden hat.
Nationalparkdirektorin DI Edith Klauser versucht für das unsägliche Haftungsproblem eine Lösung zu finden. Ein möglicher Ausweg sind „Erlebniswege“, die als „pure Natur“ und damit als Gefahrenzone ausgeschildert sind und die verordnete Haftung somit außer Kraft setzen könnten. Die Juristen des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und die Spezialisten des Justizministeriums arbeiten an diesem Konzept. Schon jetzt dürfte allerdings feststehen, dass für das Schutzgebiet eines Nationalparks eine juristische Sondersituation angenommen werden kann.
Falls die Idee des gekennzeichneten „Erlebnisweges“ in die Praxis umgesetzt werden sollte, würden die Nationalparke in Zukunft nicht mehr länger gezwungen sein, entlang der Besucherpfade die alten, schönen, ökologisch wertvollen Bäume zu entfernen.
Der Landschaftsplaner und Baumsachverständige DI Roman Novak hat in diesem Zusammenhang im Auftrag des Nationalparks die Bäume entlang des Fadenbachweges zwischen Schloss Orth und Uferhaus unter die Lupe genommen.
Von 180 Bäumen wurden 20 als ökologisch besonders wertvoll bewertet. An ihrer Borke und in ihren Hohlräumen leben Spechte, Stare, Kleiber, Fledermäuse, Hirschkäfer – und eine Äskulapnatter (in 15 Metern Höhe!). Auf allen Eichen waren Hirschkäfer zu finden. Man weiß, dass in einer einzigen Eiche bis zu 900 holzbewohnende Organismen leben können. Roman Novak macht darauf aufmerksam, dass die meisten Bäume entlang dieses Weges noch viel zu jung waren, um einen wirklich wertvollen Lebensraum darzustellen. Novak: „Das braucht noch Jahrzehnte oder sogar mehr als hundert Jahre.“
Der Waldanteil des Nationalparks beträgt aktuell 65 Prozent.
DI Gerald Oitzinger, der Leiter des Nationalparkbetriebs Donau-Auen der Österreichischen Bundesforste weist darauf hin, dass der Waldanteil weiter im Zunehmen begriffen ist – alle zehn Jahre um etwa vier Prozent.
Die Gründe dafür: Viele Wiesen wurden aufgelassen, die Donau-Hochwässer bleiben aus. Erst wenn die Donau wieder dynamisiert sein wird, wenn das Hochwasser wieder Bäume wegreißen und Schotterflächen freilegen wird, so Oitzinger, werde der Waldanteil wieder zurückgehen.
Allerdings könne man schon jetzt anhand der natürlichen Verjüngung sehen, dass der Auwald wie wir ihn kennen, in absehbarer Zeit verschwunden sein wird.
Gerald Oitzinger: „Große Pappelbestände wird es in 70, 80 Jahren nicht mehr geben. Stattdessen werden die Sträucher explodieren. Der Nationalpark wird in Zukunft von Strauchgesellschaften beherrscht werden.“